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Temporale Stunden

Im Mittelalter entstanden in Europa in Klöstern an nach Süden ausgerichteten Wänden Sonnenuhren zur Bestimmung der Gebetszeiten.  Diese kannonalen Sonnenuhren hatten lediglich die Aufgabe, den lichten Tag in bestimmte Abschnitte zu teilen. Als Schattengeber diente ein waagrechter Stab, den man als Gnomon (griech. für "Weiser") bezeichnete. Hier ist eine Nachbildung in Reutte mit den Gebetszeiten der Bendektiner zu sehen.

In der Antike bis zum ausgehenden Mittelalter teilte man den lichten Tag in 12 Stunden und die Nachtzeit in 12 Stunden. Im Sommer dauern damit die Stunden länger als im Winter. Mit der Zählung der Stunden beginnt man jeweils bei Sonnauf- und Sonnenuntergang mit der ersten Stunde. Mittag und Mitternacht  beginnen somit immer mit der 7. Stunde.

Die Wahre Ortszeit WOZ

Gegen Ende des Mittelalters  wurden die ungleichen antiken Stunden durch gleich lange Stunden ersetzt. Als „Startpunkt" wählte man Mitternacht. Der Tag dauerte somit 24 Stunden. Zu Mittag um XII Uhr steht die Sonne genau im Süden und erreicht ihre größte Höhe. Da sich diese Einteilung auf den Ort der Sonnenuhr bezieht (nur am gleichen Längengrad ist zu gleicher Zeit Mittag) bezeichnet man diese Zeit auch als Wahre Ortszeit oder auch Sonnenzeit. Auch heute noch sind die meisten Sonnenuhren so eingeteilt. Üblicherweise sind WOZ-Uhren mit römischen Ziffern beschriftet und haben einen erdachsparallelen Schattenstab. Damit kann man die Zeit an einer Linie ablesen, was die Gestaltungsfreiheit der Skala stark erweitert. Man erkennt die Stundeneinteilung der Wahren Ortszeit daran, dass die XII - Uhr-Linie immer senkrecht unter dem Durchdringungspunkt des Schattenstabes steht. Da der Polstab erdachsparallel ist, bilden Polstab und XII - Uhr-Linie die Meridianebene, die nach Süden zeigt.

Die Mitteleuropäische Zeit MEZ

Im 19. Jh verwendete man zwar schon eine mittlere Zeit, so wie sie von den Räderuhren geliefert wird, es gab aber noch das Problem mit den Ortszeiten. Orte mit unterschiedlicher geographischer Länge hatten unterschiedliche Zeitmaße. Das war mit dem Aufkommen der Eisenbahn nur schwer tragbar.

Es war notwendig, eine einheitliche Zeit innerhalb eines Landes festzulegen. Das erreichte man, indem man die mittlere Ortszeit einer Stadt als Einheitszeit für ein ganzes Land oder Teile eines Landes festlegte. In Frankreich war es Paris, in Italien Rom und in der Schweiz Bern.

In der österreichisch-ungarischen Monarchie rechneten die Eisenbahnen ab 1869 nach Lindauer, Münchner, Linzer, Prager und Lemberger Zeit.

Am 1. Oktober 1891 wurde auf den österreichischen Staatsbahnen als Normalzeit die so genannte Stunden-Zonenzeit festgelegt, welche sich auf die Ortszeit des 15. Längengrades östlich von Greenwich bezog.

Zonenzeiten sind die mittleren Ortszeiten jener Längengrade von Greenwich aus gemessen, die durch 15 teilbar sind. Für große Teile Europas gilt seither die mitteleuropäische Zeit (MEZ), die mit der mittleren Zeit für Orte am 15. Längengrad (zum Beispiel Gmünd in Niederösterreich oder Görlitz, Deutschland) übereinstimmt. Wirtschaftliche Gründe haben dazu geführt, in Europa etwa zwischen Frühlings- und Herbstbeginn die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) als Gebrauchszeit zu verwenden. Sie ist die mittlere Ortszeit für Orte am 30. Längengrad östlich von Greenwich und damit identisch mit der osteuropäischen Zeit (MESZ = MEZ + 1 Stunde).

Italische und Babylonische Stunden

In manchen Gebieten Europas, etwa in Norditalien oder Böhmen, wurde die 24-Stunden-Zählung nicht um Mitternacht begonnen, sondern bei Sonnenuntergang. Wichtig war der ohne künstliches Licht arbeitenden Bevölkerung der lichte Tag und nicht ein Meridiandurchgang. Man hielt sich an die Italischen Stunden. Eine Stunde nach Sonnenuntergang war es ein Uhr, nach 23 Stunden geht die Sonne wieder unter. Bei Sonnenuhren mit Italischen Stunden kann man die Zeit bis Sonnenuntergang einfach ermitteln, indem man die abgelesene Zeit von 24 abzieht.

Das „Gegenstück" zur italischen Zeitrechnung sind die Babylonischen Stunden, manchmal (z.B. in Stift Ossiach in Kärnten) auch als Griechische Stunden bezeichnet. Bei diesem Zeitmaß beginnt man mit der Stundenzählung bei Sonnenaufgang.

Sowohl die Italischen als auch die Babylonischen Stunden sind datumsabhängig. Zu ihrer Anzeige ist daher nur ein Punktschattenwerfer geeignet.

Peter Anich hat bei einigen seiner Sonnenuhren beide Zeiteinteilungen kombiniert und an der Zwölf-Uhr-Linie ein Band mit der Angabe des lichten Tages angebracht, manchmal enthält das Band auch die Zeiten des lichten Tages und der Nacht.

Die Mittlere Ortszeit

Schon in der Antike war bekannt, dass die von der Sonnenuhr angezeigte Zeit übers Jahr nicht vollkommen gleichmäßig abläuft. Als nach 1500 die Räderuhren immer genauer gingen, konnte man feststellen, dass die Sonnenuhren je nach Jahreszeit Unterschiede zu den Räderuhren aufwiesen. Da auch die Wissenschaften um diese Zeit große Fortschritte machten, war auch die Ursache erklärbar. Unsere Sonnenzeit, wie die Wahre Ortszeit auch genannt wird, ist nämlich kein gleichmäßig ablaufendes Zeitmaß. Es dauern auch die Tage übers Jahr gesehen nicht gleich lang! Die Zeitspanne von Sonnenhöchststand zu Sonnenhöchststand weist im Jahreslauf erhebliche Unterschiede auf.

Datumsanzeige und Tierkreiszeichen

Die verschieden hohen Bahnen der Sonne im Jahreskreis bewirken hyperbelförmige Schattenkurven. Nur zur Tag- Nachtgleiche ist es eine Gerade. Die Sonne bewegt sich dann genau über dem Äquator.

Eine Sonnenuhr mit 12 Linien für den Monatsbeginn + 3 Sonnwendlinien wird schnell überladen. Häufig stellt man daher das Datum als Wechsel der Tierkreiszeichen dar, was mit nur 7 Linien zu bewerkstelligen ist. Die Tierkreisdaten sind symmetrisch zum Frühlingsbeginn und damit zu den Jahreszeiten und Sonnwendzeiten. Die Tierkreiszeichen wurden von den Babyloniern vor ca. 5000 Jahren zu astrologischen Zwecken eingeführt. Ausgangspunkt ist stets der astronomische Frühlingsbeginn. Er ist dann, wenn die Sonne auf der Ekliptik den Himmelsäquator von Süden nach Norden überschreitet. Der sog. Frühlingspunkt befand sich vor ca. 2000 Jahren, einer Blütezeit der Astronomie - Astrologie (damals war es das gleiche) im Sternbild Widder. Die Einteilung der Tierkreiszeichen stimmt schon lange nicht mehr mit den Sternbildern überein. Durch die sog. Präzession wandert der Frühlingspunkt weiter, derzeit ist er im Sternbild Fische. In ca. 600 Jahren  beginnt das Zeitalter des Wassermanns. Nebenbei durchwandert die Sonne 13 Sternbilder, aber nur 12 Tierkreiszeichen. Man sieht, die Darstellung der Symbole des Tierkreises dient auf der Sonnenuhr eher als Kalender und schmückendes Beiwerk und hat wenig mit Astrologie zu tun.